Entwurf des Tierschutzgesetzes bedroht Hunderassen in Deutschland
Im Februar wurde ein Entwurf für ein neues Tierschutzgesetz veröffentlicht. Viele der dort gemachten Änderungsvorschläge, wie die Regulierung des Online-Handels mit Tieren oder das Vorgehen gegen den illegalen Welpenhandel, sind sinnvoll.
Ein weiterer wichtiger Bereich, den der VDH unterstützt, ist die Bekämpfung von Qualzuchten. Niemand möchte einen Mischling oder Rassehund haben, der Atemprobleme, chronische Augen- und Hautentzündungen oder Erkrankungen an der Hüfte hat. Die Hobbyzüchter, die im VDH zusammengeschlossen sind, arbeiten daher mit Zuchtprogrammen an der stetigen Verbesserung der Gesundheit ihrer Hunde.
Im neuen Tierschutzgesetz sind allerdings Vorgaben enthalten, die das Ende vieler gesunder Hunderassen in Deutschland bedeuten könnten. Im Entwurf sind verschiedene Krankheitsmerkmale aufgeführt, die zu einem Zuchtverbot für gesunde Hunde führen können. Leider sind viele der genannten Merkmale unbestimmt und nicht eindeutig. Dies lässt einen großen Interpretationsspielraum zu, der die Gefahr von falschen oder überzogenen Auslegungen birgt und zu großer Rechtsunsicherheit bei den Vollzugsbehörden, Tierärzten, Züchtern und Hundehaltern führen wird.
Auszüge aus dem Merkmalskatalog:
- Anomalien des Skelettsystems
- Bewegungsanomalien
- Lahmheiten
- Haarlosigkeit
- Fehlbildungen des Gebisses
- Dysfunktion von inneren Organen oder des inneren Organsystems
- Verringerung der Lebenserwartung
Kleine und große Hunde könnten verboten werden
So könnte das im Gesetz aufgeführte Merkmal „Anomalien des Skelettsystems“ als Zuchtverbot für jede nennenswerte Größenabweichung vom Urtyp Wolf ausgelegt werden. Denn der Begriff „Anomalien“ bedeutet zunächst einmal „Abweichung vom Normalen“.
Diesem Begriff kann damit z.B. die Beinlänge der Dackel und anderer kleiner Hunderassen zugeordnet und diese mit einem Zuchtverbot belegt werden.
Dies würde also Hunde betreffen, die keine gesundheitlichen Einschränkungen aufgrund ihrer Größe haben. Die Konsequenz wäre, dass man z.B. keine Dackel mehr in Deutschland züchten dürfte.
Unter anderem diesen Hunderassen drohen Zuchtverbote aufgrund ihrer kurzen Beine bzw. kleiner Größe:
- Teckel
- Beagle
- Jack Russel Terrier
- Cocker Spaniel
- West Highland White Terrier
- Shetland Sheepdog (Sheltie)
- Zwergschnauzer
- Malteser
- Zwergpudel
Auch für alle Hunde mit kurzer Nase können so Zuchtverbote ausgesprochen werden. Betroffen davon sind dann nicht nur die unter gesundheitlichen Aspekten häufig kritisierten stark kurznasigen Rassen Englische und Französische Bulldogge sowie Mops. So können ebenfalls andere Rassen mit kurzen Schnauzen wie der Boxer, der Affenpinscher oder auch der Continental Bulldog verboten werden.
Ob zu groß, zu klein oder an anderer Stelle „anders“: Der Begriff der Skelettanomalien kann immer für ein Zuchtverbot herangezogen werden, obwohl nicht jede Abweichung vom Urtyp Wolf negative Auswirkungen auf die Gesundheit des Hundes hat.
Diese Problematik der Unbestimmtheit und Auslegungsbedürftigkeit betrifft auch andere Punkte der Auflistung: „Fehlbildungen des Gebisses“, wie z.B. das Fehlen einzelner Zähne, kommen bei vielen Lebewesen vor, ohne dass eine verringerte Lebensqualität besteht. Soll die Zucht mit gesunden Hunden verboten werden, weil ihnen ein Zahn fehlt?
Und sollen aufgrund einer „verringerten Lebenserwartung“ im Vergleich zu kleinen Hunden nun alle großen Hunderassen und Mischlinge verboten werden? Größere Vertreter innerhalb einer Tierart leben nicht nur beim Hund, sondern auch bei anderen Tierarten kürzer. Ursächlich hierfür sind Unterschiede im Wachstum und nicht Krankheiten oder gar Qualzucht.
Der VDH hat detailliert zu einzelnen Merkmalen aus der Symptomliste des BMEL Stellung genommen:
Zur Stellungnahme [PDF: 138,24 KB]
Eindeutiger Merkmalskatalog erforderlich
Der VDH unterstützt viele der im Entwurf gemachten Änderungsvorschläge und positioniert sich ausdrücklich gegen Qualzuchten.
Das Qualzuchtverbot im Tierschutzgesetz ist grundsätzlich eine sinnvolle Vorschrift. Ein konkreter Merkmalskatalog würde dazu beitragen, die Gesundheit von Hunden zu verbessern. So wäre es z.B. sinnvoller, Hunde die tatsächlich unter erblichen Erkrankungen des Skelettsystems leiden, von der Zucht auszuschließen, anstatt sie einfach aufgrund ihrer Größe zu verbieten.
Ein solcher Katalog darf nicht so vage und unbestimmt ausgestaltet werden, dass damit gesunde Hunde für die Zucht in Deutschland verboten werden können. Der Merkmalskatalog sollte mit geeigneten Experten und auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten erstellt werden und Merkmale enthalten, die klar und eindeutig auszulegen sind. Die Gesundheit und Lebensqualität der Tiere müssen dabei im Vordergrund stehen. Dann kann Qualzucht effektiv bekämpft werden.
Weitere Information finden Sie in der ausführlichen Stellungnahme des VDH, die dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorliegt:
Ausführliche Stellungnahme des VDH [PDF: 187,99 KB]
Unterzeichnen Sie unsere Petition
Helfen Sie uns und setzen Sie sich für klare, sinnvolle und fundierte Regelungen im neuen Tierschutzgesetz zum Wohle der Hunde ein. Die Gesundheit und Lebensqualität der Tiere müssen dabei im Vordergrund stehen. Dann kann Qualzucht effektiv bekämpft werden.
Der VDH wendet bei seinen Veranstaltungen bereits einen mit Experten entwickelten Merkmalskatalog an und hat in Zusammenarbeit mit tierärztlichen Hochschulen einen Belastungstest für kurzschnäuzige Hunderassen entwickelt.
Wir fordern daher vom Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft:
- Bekämpfen Sie Qualzucht mit einem klaren und wissenschaftsbasierten Merkmalskatalog!
- Sorgen Sie für Rechtssicherheit und Gerechtigkeit in ganz Deutschland! Schon die Tierschutz-Hundeverordnung hat mangels konkreter Ausführungshinweise zu großer Verunsicherung und unterschiedlichsten Auslegungen bei Vollzugsbehörden, Tierärzten, Veranstaltern und Hundehaltern geführt.
- Unterstützen Sie die Anwendung durchdachter Zuchtprogramme, die dem Tierwohl dienen!
- Verhindern Sie die Verbringung und die Veräußerung von Welpen nach Deutschland, die unter miserablen Bedingungen bei ausschließlich finanziell orientierten Vermehrern zur Welt gekommen sind!