Auf dieser Seite wird die genetische Kennzahl “Inzuchtkoeffizient” erläutert. Den Inzuchtkoeffizienten kann sich jeder Züchter für eine angestrebte Verpaarung mit Hilfe der Zuchtleitung berechnen lassen und so bei der Wurfplanung berücksichtigen.
Doch was steckt eigentlich hinter dieser Kennzahl und warum ist sie für das Zuchtgeschehen so bedeutungsvoll?
Inzuchtkoeffizient
Der Inzuchtkoeffizient ist ein zahlenmäßiger Ausdruck der Wahrscheinlichkeit für die Herkunftgleichheit der beiden Gene eines Genortes.
Herkunftgleichheit bedeutet, dass die beiden Gene eines Genlocus in der Meiose entstandene Kopien ein und desselben Gens sind. Vereinfacht gesagt gibt der IK Auskunft darüber wie nahe die beiden Elterntiere miteinander verwandt sind, d.h. ob sie gleiche Vorfahren haben.
Für die Berechnung werden alle Ahnen die sowohl in der Vater- als auch in der Mutterlinie mehrfach vorkommen eingerechnet.
Die Formel hierzu wurde von S. Wright, dem Begründer der Populationsgenetik entwickelt.
(F_I=?(1/2)^n_1+n_2+1·(1+F_A_i) n_1 = Anzahl der Generationen vom Vater zum gemeinsamen Ahnen |
Die Berechnung des IK erfolgt in der Datenbank über 4 Generationen.
Liegt keinerlei Inzucht vor, so erreicht man beispielsweise einen Wert von 0 %, bei einer Verpaarung von Vollgeschwister herhält man einen Wert von 25 %.
Es sollte dringend darauf geachtet werden, dass der Inzuchtkoeffizient einer Verpaarung möglichst niedrig, im Idealfall inzuchtfrei gehalten wird.
Als allgemeine Faustregel gilt:
Es sollte ein IK (Inzuchtkoeffizient) von unter 6,25 % angestrebt werden.
Der AVK (Ahnenverlustkoeffizient) sollte nicht geringer als 85 % sein.
Was sagt das Tierschutzgesetz?
Inzestzucht stellt ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar und wäre nur im Rahmen eines behördlich genehmigten Tierversuches zulässig! Im Gutachten zur Auslegung des § 11b des Tierschutzgesetzt, heißt es hierzu:
Inzucht - Linienzucht
Inzucht ist Verpaarung verwandter Tiere. Verpaart man Vollgeschwister, Eltern mit ihren Nachkommen oder Halbgeschwister, so spricht man von Inzestzucht. Inzucht und Inzestzucht führen in der Praxis zum Verlust genetischer Vielfalt und zur Inzuchtdepression. Häufig kommen in ihrem Gefolge sehr rasch auch deletäre Gene zur Auswirkung. Es treten Erbkrankheiten und Anomalien auf, die in der Regel zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen. Inzestzucht ist bereits ein Verstoß gegen § 11b, wenn sie zur „genetischen Reinigung“, wie es in der populären Zuchtliteratur heißt, empfohlen wird, es sei denn, dies würde im Rahmen eines genehmigten Tierversuchs durchgeführt.
Bedeutung für die Rassehundezucht
Durch Inzucht kommt es zu einer vermehrten Dopplung von Genen, d.h. die genetische Varianz der betroffenen Tiere ist geringer als möglich bzw. geringer als die durchschnittliche Varianz der Rassepopulation. Es ist festzuhalten, dass “durch Inzucht direkt keine Erbkrankheiten entstehen, sondern erst durch die inzuchtbedingte Anhäufung von vorwiegend rezessiven Defektgenen im Genpool. Die Defektgene als solche sind das Ergebnis von Mutationen, die bei allen Individuen erfolgen.” (Krautwurst, 2002, S. 136) Jeder Hund, ob gesund oder erkrankt, trägt rezessive Defektgene in sich. Kritisch wird es erst, wenn der gleiche rezessive Defekt mehrfach in der Ahnenfolge vorkommt, da hier die Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich ist, dass der rezessive Defekt in Form von Krankheit deutlich wird und ein Tier zu leiden hat. Durch Inzucht wird das gehäufte Vorkommen von gleichen Genen forciert, dies gilt für Genorte mit erwünschten Eigenschaften ebenso wie für Defektgene.
Ein weiteres Problem ist die Homozygotie. Eines ihrer Leitsymptome ist der Vitalitätsverlust, der sich darin äußert, dass die Tiere weniger anpassungsfähig an wechselnde Umweltbedingungen werden, eine verminderte Krankheitsresistenz zeigen.
Gerade bei einer kleinen Zuchtpopulation kann Inzucht schnell zu einem Rasseproblem mit fatalen Folgen werden. Verminderte Leistungsfähigkeit, Fehlbildungen, Stoffwechselstörungen, erhöhte Stressanfälligkeit, verminderte Fruchtbarkeit, geringere Lebenserwartung sind nur ein grober Umriss davon, was im Falle einer Inzuchtdepression vermehrt auf Züchter und Halter zukommen wird.
Übersichttabelle für Inzuchtkoeffizienten
Unter der Voraussetzung, dass die Vorfahren selbst nicht ingezüchtet sind, ergeben
sich folgende Inzuchtkoeffizienten:
Inzestzucht (engste Inzucht): Paarung von Tieren 1. und 2. Verwandtschaftsgrades |
Inzuchtkoeffizient % |
Elternteil x Kind |
25,00% |
Vollgeschwister |
25,00% |
Halbgeschwister |
12,50% |
Onkel + Nichte, Tante x Neffe |
12,50% |
Großeltern + Enkelkind |
12,50% |
Zweifache Cousins ersten Grades |
12,50% |
4 fach Halbcousins ersten Grades |
12,50% |
Enge Inzucht (nahe Inzucht): Paarung von Tieren im 3. und 4. Verwandtschaftsgrad. | |
3-fache Halbcousins ersten Grades 9,38% |
9,38% |
1-fache Cousins ersten Grades 6,25% |
6,25% |
2-facher Cousin ersten Grades + Cousin zweiten Grades |
6,25% |
2-facher Halb-Cousin ersten Grades 6,25% |
6,25% |
Mäßige Inzucht (weite Inzucht): Paarung von Tieren im 5. und 6. Verwandtschaftsgrad | |
1-facher Cousin ersten Grades + Cousin zweiten Grades |
3,13% |
2-fache Cousins zweiten Grades 3,13% |
3,13% |
1-fache Halb-Cousins ersten Grades 3,13% |
3,13% |
1-fache Cousins zweiten Grades 1,56% |
1,56% |