SA in der Presse - Göttinger Tageblatt vom 03.02.2004Tiermediziner erforschen mysteriöse HundekrankheitAkita heisst die Hunderasse, die in Japan sehr beliebt ist. Eine qualvolle Krankheit befällt insbesondere die Lieblingshunde der Japaner. Der japanische Akita-Verband hat das Tierärztliche Institut der Universität Göttingen beauftragt, die mysteriöse Hundekrankheit zu erforschen. Immer häufiger sind Besitzer der japanischen Hunderasse Akita fassungslos: Ihrem Vierbeiner, der normalerweise ein kuscheliges, dichtes Fell besitzt, fallen nach und nach die Haare aus. Die an immer mehr Stellen hervortretende Haut wird schwarz, platzt auf und eitert. Der einst buschige, gerollte Schwanz wird struppig, und der sonst so ausgeglichene Hund beißt und kratzt sich wegen des qualvollen Juckreizes am ganzen Körper. Bislang gibt es für die mysteriöse Krankheit namens Sebadenitis keine Heilung. Für die Japaner, für die der Akita ein Nationaldenkmal ist, ist die Hunde-Krankheit fast so etwas wie eine nationale Katastrophe. Sie suchen jetzt Hilfe in Niedersachsen: Forscher des Tierärztlichen Instituts der Universität Göttingen unter Leitung von Professor Bertram Brenig sollen die Ursache der erst seit wenigen Jahren auftretenden Krankheit klären, die inzwischen auch bei anderen Rassen auftritt. Der japanische Akita-Verband und der Weltverband der Akita-Clubs haben vor kurzem den Göttinger Experten den Auftrag für das neue Forschungsprojekt erteilt. Seitdem nehmen die Tiermediziner Gewebeproben von erkrankten Akita-Hunden aus ganz Deutschland. Das Merkwürdige an der Krankheit sei, dass sie immer erst im Alter von etwa zwei Jahren auftrete, sagt die Molekularbiologin Dr. Ina Pfeiffer. Bei Welpen sei sie noch nie vorgekommen. Umsogrößer ist dann der Schock für Hundebesitzer, wenn sie hilflos mit ansehen müssen, wie ihr Vierbeiner allmählich das Fell verliert. Während es zu Beginn nur kleine Stellen sind, wo Haare fehlen und die Haut schuppig und schwarz wird, beschleunigt sich dieser Prozess in rasantem Tempo. Schließlich fallen ganze Haarbüschel aus, das einst dicht behaarte Tier ist ähnlich nackt wie ein Schwein, sein Allgemeinbefinden immer stärker beeinträchtigt. Für den Hundebesitzer hat die Krankheit noch eine weitere unangenehme Begleiterscheinung: “Durch die Entzündungen bekommen die Tiere einen üblen Geruch, sie riechen wie getragene Socken”, sagt die Wissenschaftlerin. Lediglich durch Ölbäder kann man ihnen etwas Linderung verschaffen. Inzwischen wissen die Forscher zwar, wodurch den Hunden die Haare ausfallen. Schuld ist eine chronische Entzündung der Talgdrüsen, die schließlich zum Totalausfall führt. Dadurch werden die Haare nicht mehr mit Fett versorgt. Es kann sich kein oberflächlicher Fettfilm bilden, der die Haut vor dem Austrocknen und vor zu großer Ansiedlung von Keimen schützt. Haut und Haare trocknen aus. Bislang ist unklar, welcher Mechanismus diesen Prozess in Gang setzt und wie er zu stoppen ist. “Irgendetwas in der Haut fängt in einem bestimmten Alter an, Amok zu laufen”, sagt Pfeiffer. Sicher ist bislang nur, dass es ein genetischer Defekt sein muss. Doch welcher “Schalter” in den Zellen die Zerstörung der Talgdrüsen in Gang setzt, wissen die Forscher nicht. “Wir suchen nach der Stecknadel im Heuhaufen”, meint Pfeiffer. Die Tiermediziner vermuten, dass ein hormonell gesteuerter Prozess diese Fehlentwicklung bewirkt. Für die molekularbiologischen Untersuchungen haben sie bereits Blut- und Hautproben von sehr schwer erkrankten Tieren aus Deutschland, Holland, Finnland, Frankreich und Italien genommen. Dabei stellen sie vergleichende Analysen zu Proben gesunder Hunden an. Auf einen Erfolg der Göttinger Forscher, die sich unter anderem durch die Entwicklung eines BSE-Tests an lebenden Rindern internationales Renommee erworben haben, hoffen nicht nur die Japaner. Auch in Deutschland werden Akitas, die schon von den Samurais geschätzt wurden, immer beliebter. Sie gelten als besonders treu, anhänglich und ruhig und deshalb als ideale Hunde für Familien mit Kindern. Außerdem sind inzwischen nicht nur Akitas betroffen. Auch bei Pudeln und 40 weiteren Hunderassen ist die Krankheit aufgetreten. Heidi Niemann |